Sardinien

Da ich dem üblichen Weihnachtsbrumborium nichts abgewinnen kann, war ich sehr erfreut darüber, dass wir uns entschieden, die diesjährigen Feiertage in Sardinien zu verbringen.

24.12.2005

So, nun geht es nach dreimonatiger Vorfreude endlich los!
Wie immer habe ich Flugangst, aber wer etwas erleben möchte, muss auch was riskieren.
Die Reise beginnt in Berlin Schönfeld, von wo unser Flugzeug abheben wird. Natürlich sind wir viel zu früh am Flughafen und verbringen die Zeit mit Kaffeetrinken und dergleichen. Die Tickets gibt es direkt am Automaten, ebenso die Gepäckanhänger. Zumindest bei EasyJet.

Wir haben einen preisgünstigen Flug ergattert, ein Ferienhaus in Budoni für 5 Nächte reserviert und noch ein Tag vor Abreise, zwei Mietwagen geordert, da wir die Auskunft erhielten, dass es bekloppt sei, die Insel ohne Auto zu erkunden. Zumal Feiertage anstehen.
Also gestaltete sich letztenendes unser Urlaub doch nicht ganz so so preiswert, wie es zuerst den Anschein hatte.

Wir sind superpünktlich gestartet und wegen dem guten Wetter werden wir schon eine halbe Stunde früher landen.

Schon seit Flughafen Schönefeld merke ich, dass es in meinem Bauch rumort. Vorläufig habe ich es auf die Aufregung geschoben. Doch als wir in Olbia aus dem Flugzeug steigen, hat sich die Magenverstimmung zu heftigen Schmerzen im rechten Unterleib ausgewachsen.
Alle um mich herum freuen sich über die Ankunft, doch mir ist alles piepegal und ich krümme mich in der Gepäckabholhalle.

Enkidu und Denise haben die Mietautos abgeholt (die bekommt man direkt neben dem Flughafen). Ich jammere auf der Rückbank eines Autos, schaffe es noch, ein Photo vom wunderschönen Sonnenuntergang zu machen und überlege heulenderweise, was für ein Übel mich plagt und male mir schon düster aus, wie es sich wohl in einem sardischen Krankenhaus anfühlt.

Nach einer 3/4h Fahrt sind wir in Budoni angelangt und glücklicherweise haben hier, trotz Weihnachtsabend, noch die Geschäfte geöffnet. In der Apotheke holt mir Enkidu Buscopan-Zäpfchen. Ich hoffe sehr, dass sie bald eine Wirkung zeigen.

Unser Häuschen liegt 10min außerhalb von Budoni und gehört wohl zu einer Feriensiedlung. Zum Glück haben wir eine Heizung im Haus, was nicht immer üblich ist.
Ich verkrieche mich gleich ins Bett, während die anderen das Haus erforschen bzw. nochmal nach Budoni zum Einkaufen fahren.

Selten gab es in meinem Leben ein so beschauliches Weihnachtsfest. Ja, okay ich mag es nicht besonders, aber dennoch hätte ich hier lieber mit am Tisch gesessen, anstatt im Bett herumzujammern. Tröstlicherweise waren die anderen aber auch gegen 22 Uhr im Bett.
Ich hoffe, das es meinem Bauch morgen besser geht!

25.12.2005

Nach einem wenig erholsamen Schlaf und leider auch noch immer anwährenden Koliken, wenn auch nicht mehr ganz so schlimm wie am Abend zuvor, raffe ich mich dennoch zu einem Zwieback und einem Tee auf.
Heute wollen wir zuerst einmal den nördlicheren Teil Sardiniens erkunden.

Die Autobahnen nennen sich hier superstrada, abgekürzt >SS<. Jedoch gibt es auch superstradas, die einer deutschen Entsprechung von Autobahn nicht gerecht werden und sich eher wie eine Fernverkehrsstraße ausnehmen. Außerdem gibt es noch Straßen, welche mit >S< abgekürzt werden und in der Qualität zwischen Weg und Schnellstraße rangieren. Andere Straßen sollten man als Fremder in diesem Lande nicht unbedingt benutzen, da man nicht genau veroausbestimmen kann, wohin sie führen und in welchem Zustand sie sich befinden.

Wir fahren jetzt erstmal in die Stadt Arzachena und ich kann meine ersten Eindrücke von Sardinien, die ich gestern verpasste, nachholen.

Es ist wirklich beeindruckend zwischen hohen Bergen zur einen Seite und dem Meer zur anderen Seite zu fahren.

Erstaunlich viele Menschen sind hier am 1. Weihnachtsfeiertag unterwegs.

Auf dem Weg zur Kirche, die oben am Ende der Haupstraße liegt, treffen wir auf eine Prozession, die sich als ein Leichenzug entpuppt.
Da dieser so plötzlich aus dem Nichts auftaucht, sind wir gewzungen, in einer Häusernische zu verharren, bis alle vorübergezogen sind. Und das dauert. Ein Geistlicher spricht über sein umhängendes Mikrophon Gebete. Junge Männer tragen den Sarg, gefolgt von Verwandten und Freunden.
Kurz zuvor hatten wir und noch über die Sitte der Darden unterhalten, ihre Totenanzeigen außen an die Kirchenwände anzuschlagen. Dabei war uns auch das Bild eines jungen Surfers aufgefallen, welcher durch einen tragischen Unfall ums Leben kam. Allerdings assozierten wir erst jetzt, dass es sich hier um sein Begräbnis handeln musste, zumal zwei Surfbretter mit dem Trauerzug mitgeführt wurden.
Dieses Ereignis hinterließ schone ein mulmiges Gefühl in mir.

Nun wollen wir eine andere ausgewiesene Sehenswürdigkeit des Ortes besuchen, den FUNGHI. Also zu deutsch: den PILZ. Der Funghi ist eine Felsformation in Form eines….. ja richtig! PILZES.

Wir verlassen Arzachena und fahren südwestlich landeinwärts um die Überreste des kriegerischen Hirtenvolkes der Nuraghen zu entdecken.
Das hatte ich mir bereits in Berlin in meinem Reiseführer angemarkert.
Die Nuraghen lebten ca. 500 bis 1800 v.u.Z. auf Sardinien.
Heute noch kann man von den einstmals 10000 noch um die 7000 Rundbauten besichtigen, welche Nuraghen genannt werden, was übersetzt so viel wie: „große Häuser“ bedeutet.

Wir stoßen vorerst einmal auf ein großes Grab. Es entstand in der Zeit zwischen 1200 bis 1600 v.u.Z.

Zwischendurch halten wir noch kurz an einem der Rundbauten, welche aber nicht näher zu besichtigen ist, da sie gerade restauriert wird. An anderen Tagen finden sehen wir häufig im Vorbeifahren die Nuraghen auf den Feldern stehen. Eine Siedlung der Nuragher haben wir leider nicht besichtigt. Dazu war unsere Zeit einfach zu knapp bemessen.

Unser Plan sah vor, wieder in den NOrden zu fahren, um den Capo d’Orso zu besuchen. Ein Fels in Form eines Bären am Meer. Da wir uns aber verfahren haben, geht es nun südlich weiter.

Auf der Fahrt nach Calangianus sehen wir zu beiden Seiten die angelegten Korkeichenplantagen. Man kann sie zwar auch hier und dort woanders finden, aber nicht in solcher Konzentration. Die Eichen werden aller 7 Jahre unterhalb ihrer Äste geschält. Aus der Korkrinde werden unterschiedliche Dinge hergestellt. Die Eichen sind in ihrem Aussehen nicht mit der deutschen Eiche zu vergleichen.
Die Rinde dieser Eichen kann enormer Hitze standhalten.

In Calangianus halten wir nur kurz, um in ein Bistro zu gehen. Ich gehe noch ein wenig auf Photopirsch in den Seitengässchen, suche aber bald das Weite, da Jugendliche schon heute ihre Knaller ausprobieren müssen und ich ihnen nichts ins Schussfeld geraten möchte.

Wir gehen wieder früh schlafen. Morgen soll es quer durchs Land an die Westküste gehen. Gute Nacht!

26.12.2005

Heute geht es also zur Westküste. Dafür werden wir insgesamt ungefähr 500km fahren (hin und zurück).

kurzer Zwischenstop in Macomer ohne uns weiter umzusehen.

Während der Fahrt beginnt es zu regnen. Wir fahren an Bergen vorbei, auf Hochebenen entlang und verschwinden manchmal ganz im Nebel.

Endlich halten wir an der Westküste und uns weht eine frische Brise um die Nase. Der Regen hält sich im Hintergrund und gewährt uns freien Blick zur Sonne. Bosa Marina ist der zugehörige Hafen zu der Stadt Bosa, durch welche wir aber nur mit dem Auto durchrauschen. Wir wollen ja das Meer sehen!

Muscheln gibt es hier aber nicht wirklich.

In den Turm kommt man nicht rein, man kann lediglich drumherum gehen, was wir auch tun. Der Turm ist auf einen rosafarbenen Felsen gebaut, welcher mit einer giftgrünen Spanschicht überzogen ist. Dies mutet schon sehr seltsam an.
Leider konnte ich nicht herausfinden, welcher Verwendung der Turm früher zugedacht war.

Und wieder mal ist eine Kaffee-Pinkel-Pause angesagt. Und was läuft uns da über den Weg? Das Hardrockcafé von Bosa Marina in Form eines Piratenschiffes. In wärmeren Monaten ist auch das Deck des Schiffes geöffnet – heute verschwinden wir im Bauch desselben.

Nach dem Besuch von Bosa Marina nehmen wir die vielgepriesene Küstenstraße nach Alghero. Atemberaubende Schönheit der wilden Berge, die direkt und enorm steil an der meerabgewandten Seite heraufragen, begleiten uns die nächsten 60km.

Oft liegen auf der Straße tote, überfahrene Tiere. Meist Katzen, Füchse, Igel und dergleichen. Als ich das erste Tier sah, habe ich mich noch richtig erschrocken. Nach einer Weile habe ich mich daran gewöhnt.
Auf unserer Westküstenstrecke fahren wir mehrmals an Jägern vorbei, die erbeutete, sprich erschossene Wildschweine neben ihren Autos zu liegen haben. Vielleicht ist immer am 26. Dezember das große Jagen in Sardinien angesagt?!?
Ansonsten streunen oft Katzen und Hunde herren- und frauenlos umher. Zumindest erscheint es mir so. Wir haben auch schon Flamingos gesehen und natürlich jede Menge Schafe und Rinder. Ein lebendes Wildschein ist uns bis jetzt zum Glück nicht begegnet.

Sardinien war einst von dichten Wäldern überzogen. Heutzutage findet man davon kaum etwas, auch wenn mittlerweile wieder aufgeforstet wurde. Eher ist das Land von Sträuchern, Obstbäumen, jungen Eichen und Olivenbäumen bedeckt.

Da die Zeit schon sehr fortgeschritten ist und wir spätestens in der Abenddämmerung zurücksein wollen, setzen wir unseren Aufenthalt in Alghero auf 1 Stunde fest.
Oh wie schade!
Also nun beginnt das Gehetze. Da sind wir soweit gefahren und können nun nicht mehr als einen flüchtigen Blick der Stadt erhaschen.

Alghero ist im Gegensatz zu anderen Städtchen, die wir bereits gesehen haben und noch sehen werden, ein recht ansehnlicher Ort. Mit einem großen Hafen und kleinen verwinkelten Gässchen versprüht es seinen Charme.

Alghero ist die einzige Stadt auf Sardinien in der ich Obdachlose sehe. Meist in bizarren Szenen anzutreffen. Einer hatte seinen Hund auf ein Kopfkissen auf einen unbenutzten Tisch eines geschlossenen Cafés platziert, während er selbst auf dem Boden unter einer Steppdecke schlief. Und 5°C Lufttemperatur sind nicht so besonders warm.

Diese Kirche ist schon seltsam gebaut. Wir können keinen Eingang finden. Die meisten Kirchen in Sardinien sind für den spontanen Besuch ohnehin verschlossen.

In einem Café nahe des Hafens schlürfen wir Getränke, knabbern an Gebäck und kaufen noch Wurst, Käse, Brot und Wein im nebenanliegenden Delikatladen oder was auch immer das sein soll. Die Verkäufer wirken angenervt und sind miesmuffelig. Nach einer falschen Berechnung zu unseren Ungunsten beschwert sich auch noch die Kassiererin darüber, dass sie nochmals rechnen muss. Hmmmm.

Wir haben verabredet, dass Enkidu und Denise, unsere zwei (einzigen) Fahrer/innen die Autos holen, die anderen in Ruhe ihre Rast beenden und wir uns am Ende des Hafens wiedertreffen. Vorweg gesagt: daraus wurde ein größeres Missverständnis, welches uns fast eine Stunde Zeit und sämtliche Nerven kostete.

Dies ist also das Ende des Hafens. Aber wie soll hier ein Auto langkommen? Irgendetwas läuft da schief in unserem Plan.
Hinter die Mauer traue ich mich nicht alleine, da ich mir nicht sicher bin, ob dahinter außer den Katzen nicht noch ein paar wütende Stadtreicher lauern.
Aber eine anderen Weg gibt es hier nicht.

Nachdem ich dann zum anderen Ende des Hafens durch die Stadt gelaufen bin, erblicke ich auch in der Ferne unsere zwei Mietautos, aber die die beiden Fahrer sehen MICH nicht. Ich muss also zurückjoggen! Meine Unterleibsbeschwerden sind zwar schon wesentlich besser geworden, fangen aber bei diesem Streß und Tempo an, sich wieder bemerkbar zu machen. Bloß das nicht wieder, denke ich!
Und endlich finden wir uns wieder, bekommen fast noch Ärger mit der örtlichen Policia, weil wir auf nicht erlaubten Parkplatz halten und rauschen dann endlich ab nach Hause.

Das hoffen wir zumindest, doch jetzt verfahren wir uns noch mehrere Male. Die von uns ersonnene Abkürzung kann längst nicht mehr halten, was sie versprach.

Die Straßenfahrer in Sardinien sind auf jeden Fall bekloppt. An Geschwindigkeitsbegrenzungen wird sich nicht im Mindesten gehalten. Geschlossene Fahrspuren werden ohne mit der Wimper zu zucken überfahren. Überholt wird gerne in den uneinsichtigsten Kurven. Da bleibt einem manchmal echt die Spucke weg.

27.12.2005

Wow ich habe keine Krämpfe mehr!
Dafür einen richtig fetten Schnupfen, den ich aber gerne in Kauf nehme.

Nach unserem gestrigen Mammutausflug, wollen wir es heute gemach angehen. Unsere Ziele sind Capo Comino an der Ostküste mit einem Leuchtturm und später noch Siniscola, ein kleines Städtchen in der Nähe.
Während unserer Fahrt erblicken wir in der Ferne Posada auf einem Berg. Es wäre bestimmt schön, mal da hinauf zu fahren.
Das tun wir dann auch schon bald, da wir uns verfahren und in Posada landen, allerdings im neueren Teil, unterhalb des Berges. Na da können wir auch gleich mal den mittelalterlichen Teil besichtigen.

Posado und das Kastell entstanden im 12.Jh. Heute ist von dem Kastell nur noch der viereckige Wehrturm erhalten, den man gefahrlos betreten kann.

Das alte Posada ist wirklich sehenswert. Es ist sehr pitoresk anzusehen, was bei den sardischen Orten nicht sehr häufig der Fall ist. Wir stapfen immer höher hinauf.

Nun wollen wir aber auch den Turm sehen und besteigen. Wir haben Glück, dass gerade der Mann kommt, der uns den Zugang dazu freigeben kann. Na das klappt doch wie am Schnürchen!

Der Aufstieg ist gediegen und bedarf keiner besonderen Anstrengung.

Günther steht noch ganz unten, Enkidu und Denise haben es schon weiter hoch geschafft und Jan, Morinda mit Humpelbein und ich haben unseren Kopf durch die Luke oben durch den Kopf gesteckt, um eine tolle Aussicht von oben genießen zu dürfen. So kann man wunderbar erkennen, wie der Ort einst angelegt wurde.
Im Turm befinden sich gut gewartete Holztreppen, die leicht zu begehen sind. Lediglich die letzte, metallene Steigleiter, um zur Aussichtsplattform zu kommen, bewegt sich ein wenig in der Verankerung. Außerdem passen da keine dickeren Leute durch.

Und nun fahren wir endlich wieder ans Meer!
Insgesamt sind es ca.30km von Budoni bis zum Capo Comino.

Oh, hier gibt es ja gar kein Leuchtturm, wie es laut der Karte zu erwarten gewesen wäre, sondern ein Leuchthaus. So nenne ich es zumindest.
Es steht das völlig zerfallen und verwahrlost. Dennoch funktioniert das Signal auf dem Dach für die Meeresreisenden.

Wir haben super Sonnenschein gezaubert bekommen. Die Jacken können im Auto bleiben und gegen eine Sonnenbrille wäre nichts einzuwenden.

Tolle Steine und Felsen tummeln sich an der Küste und nicht nur Jan hat findet Vergnügen am Rumklettern.

Enkidu und ich sind am Überlegen, das Leuchthaus in ein Hostel mit kreativen Abenden zu verwandeln.
Ist doch echt Schade, das Ding an so einem schönen Ort verkommen zu lassen!

Die sonnenwarme Luft lädt Denise, Enkidu und Jan zu einer nassen Erfrischung ein. Ich halte mich mit meiner Schnupfennase zurück.

Nach einer Stärkung mit Rosmarinkartoffeln, panierten Zucchinis und Auberginen, sowie Lasagne wollen wir mal sehen was Siniscola so zu bieten hat.

Siniscola ist schon ein seltsames Städtchen. Schön kann man es wahrlich nicht nennen, auch wenn es liebenswerte Details versteckt hält. Toll ist natürlich das dahinter aufragende Gebirge. Menschen treffen wir auch hier kaum. Siesta ist von ca. 12-16 Uhr.

Nach unserem Rundgang kehren wir nochmals ein, allerdings diesmal in ein Straßencafé. Da es relativ warm ist, setzen wir uns draußen hin, mit den Köpfen ins Lokal gewandt, da dort gerade Rodeo im TV läuft. Ich habe das noch vorher so gesehen, deswegen bin ich einigermaßen fasziniert davon.

Nach kurzer Zeit fängt es an zu regnen. Erst nur ein paar Tröpfchen, doch schnell wird es merklich nasser.
Schließlich huschen wir in den nebengelegenen Supermarkt und kaufen noch das Nötige, um dann gleich nach Hause zu düsen.

Heute sind wir echt früh zurück Es ist noch nicht mal 16 Uhr.
Enkidu und ich wollen noch mal nach Budoni fahren, um die restlichen Dinge einzukaufen, die wir noch nicht bekommen haben. Noch immer regnet es in Strömen und wir versuchen teils mit, teils ohne Erfolg einen geöffneten Laden zu finden. Zumindest ist heute kein Feiertag mehr und irgendwas muss doch mal auf sein.
Auf Nachfrage erhalten wir die Auskunft, dass die Geschäfte so zwischen 15:30 und 17 Uhr wieder öffnen und 20 Uhr schließen.
Am Rande des Örtchen finden wir einen leergefegten Supermarkt. Aber auch hier ist das Obst und Gemüse von der Qualität nicht besser als in Siniscola und auch die dafür erhobenen Preise sind enorm!

28.12.2005

Unser letzter Tag der Unternehmungen auf Sardinien bricht an.

Die Tunnel sind klasse! Als führe man durch ein Überaschungsei. Man weiß noch nicht genau, was dahinter kommt.

In endlosen Serpentinen geht es vom Berg hinab zur Küste.
Bis dann alles in einer Sackgasse für Autos endet. Hier geht es nur noch zu Fuß weiter.

Um an den Strand zu kommen, muss man einen Pfad hinabsteigen. Erstaunlich viele Franzosen und Deutsche scheinen sich von diesem Platz angezogen zu fühlen.

Manche gehen also nicht den Pfad hinutern, sondern klettern den steilen Felsen hinab. Auch eine Möglichkeit.

Trotz der auftauchenden Menschen ein wunderbar ruhiger Ort zum Träumen und Fallenlassen. Gerne hätte ich hier mehr Zeit verbracht.

Nach unserem Naturerlebnis möchte ich nun doch sehr gerne das ehemalige Hirtendorf Orgoloso sehen, um das sich viele Legenden und jede Menge wahre Geschichten ranken.

Heute morgen hatten wir noch Sonnenschein und konnten fast im T-Shirt herumspazieren und nun hat es angefangen zu schneien. Allederding befinden wir uns in ziemlicher Höhe von etwa 620m, da Orgosolo auf einem Berg liegt.

Vorallem in den 60er und 70er Jahren haben sich die Bewohner von Orgosolo sozialkritisch in Form von Wandbildern, genannt: „murales“ auseinandergesetzt.

Es gibt auch einen Dokumentarfilm namens „Die Banditen von Orgoslo“von 1961, den ich mir unbedingt besorgen werde, da ich jetzt sehr neugierig auf die Hintergrundgeschichte bin.

Menschen treffen wir auch hier kaum. Fast ausgestorben scheint das Städtchen, welches nur im Kern reizvoll ist. Wie ein Ring ziehen sich hässliche neue Häuschen und Baustellen um das alte Dorf.

Eine Frau zieht sich beim Anblick unserer Kamera den schwarzen Schleier vor´s Gesicht und huscht schnell weiter.

Die imposantesten Gemälde findet man in der Hauptstraße. Diese ist allerdings nicht besonders breit. Will man nun die wunderbaren Bilder mit der Kamera einfangen oder auch so mit dem Auge, muss man sich dazu quasi mitten auf die Straße stellen. Wie gesagt, trifft man ja selten Menschen hier, aber Autos rasen jede Menge an einem vorbei. Und die Fahrer haben auch kein großes Erbarmen mit den staunenden Touristen, selbst wenn wir an diesem Tag wohl die einzigen bleiben werden.

Es ist als würde man Ostereier suchen: biegt man in ein Gässchen ein, findet man immer wieder in Ecken und Nischen neue Bilder.

Ein kleines Lädchen bietet Photos, Postkarten, Musik, Musikinstrumente und jede Menge Bücher zu Sardinien und spezielle eben auch zu Orgosolo an. Während wir vorbeischlendern hat der Laden geschlossen. Kurz darauf bemerkt Enkidu, dass der Besitzer gerade zurück kommt. Wir kaufen uns eine CD mit der Musik einer folkloristischen Gruppe aus Orgosolo, die traditionellen Lieder singen. Ein kennzeichnendes Instrument ist dabei die Maultrommel.

Auch hier würde ich gerne noch länger verweilen, aber da es bitterkalt ist und wir diesen Besuch sowieso nur auf mein Bitten dazwischen geschoben haben, muss ich mich nun fügen und wir sagen „Auf Wiedersehen, Orgosolo!“

Am Nachmittag treffen wir in Nuoro ein. Das ist schon ein größeres Städtchen.

In einem „Schokoladencafé“ in der Einkaufszone trinken wir heißen Schokoladenpudding. Die bieten hier sehr viele verschiedene Sorten an. Die Schokocreme wird in einer Tasse, welche sich in einer Holzschale befindet serviert, damit man sich nicht die Finger verbrennt. Das gefällt mir auch sehr gut vom Design. Und ganz leckere Teesorten. Ich trinken einen mit Ingwer. Das wärmt auch schön von innen.

Als schließlich die Läden langsam wieder öffnen, geht sich Jan noch ein Donald-Duck-Comic in italienischer Sprache kaufen, da er FAN ist! Wir anderen bummeln ein bischen durch die Buchläden, was aber nicht ganz so spannend ist, da wir der italienischen Sprache nicht mächtig sind.

Wieder begegnen wir einem Trauerzug. Allerdings wird hier der Sarg mit einem schwarzen Mercedeswagen vor die Kirche gefahren. Die Glocken geben einen neumodischen hellen Bimmelsound ab, der nicht gerade an Beerdigung, sondern eher an Karneval denken lässt.

Nuoro gefällt mir nicht besonders. Wenig alte Substanz offenbart sich dem Besucher und das Neue kleidet sich in montonem Einerlei.
So endet unser letzter Tag ein wenig fad.
Aber natürlich gab es interessante Eindrücke in den letzten Tagen, die das wieder wett machen.

29.12.2005

Da unser Flieger erst 15:40 Uhr vom Boden abheben soll, können wir ganz in Ruhe frühstücken, packen und saubermachen.
Denise, Jan und ich machen noch einen kleinen Spaziergang.

Oft sieht man unterwegs kleinen Orangen- und Mandarinenplantagen. Das sschaut einfach toll aus, wenn die Früchte in ihrem knalligen Orange unter dem Grün hervorgucken.

Komischerweise scheint niemand die Kaktusfrüchte zu ernten. Würden mir nicht die feinen Stachel an den Früchten auf die Nerven gehen, hätte ich eine große Ernte eingebracht.

Außerdem findet man in Sardinien jede Menge Granatäpfel. Zu dieser Jahreszeit sind sie allerding schon überreif und wir haben einige Bäumchen gesehn, an denen sie aufgeplatzt hingen. Auch diese scheinen keine große Beachtung auf dem sardischen Speiseplan zu finden.

Abfahrt.
Dank Enkidu´s großartigem Verhandlungsgeschick, mussten wir 2/3 weniger für verbrauchtes Gas zahlen, als uns die Ferienhäuschenagentur abzocken wollte. Sie hätten jetzt neue Preise, wurde argumentiert. Enkidu hat sich aber auf die Konditionen berufen, die uns bei Vertragsunterzeichnung bekannt waren.

Da wir noch immer viel Zeit haben, schlängeln wir uns gemächlich an der Ostküste in den Norden Richtung Olbia. Hier und da fahren wir auf einen Inselvorsprung, um noch einmal einen letzten berauschenden Blick vom Meer zuerhaschen. So landen wir auch in dieser luxuriösen Ferienanlage. Immerhin kann man da zwischen den imWinter verlassenen Bungalows umherlaufen, um eine noch bessere Aussicht zu bekommen.

Trotzdem, dass Sardinien eine Insel ist und ringsum vom Meer eingeschlossen, macht es auf mich nicht den Eindruck, als würden die Leute hier viele Meeresfrüchte zu sich nehmen. Muscheln waren so gut wie nicht zu entdecken am Strand und nach Fisch roch es in den Häfen auch nicht.

Hier gibt es nciht wie auf dem Hinflug Automaten zum Einchecken, aber das ist auch noch nicht nötig, da wir noch mehr als zwei Stunden Zeit haben. Daraus sollen später noch zwei weitere werden.

Im tollen Selbstbedienungsrestaurant des Flughafens in Olbia, holen wir uns eine extrem teure Mahlzeit (preiswerte gibt es hier sowieso nicht) und üben uns im Warten.

Der Flug aus Berlin verspätet sich erst um eine Stunde, dann um eine weitere. Grund dafür ist der plötzliche heftige Schneefall in Berlin.
Doch wir haben noch Glück, eine Maschine aus und nach Florenz wurde zum Beispiel komplett wegen „schlechtem“ Wetter gekanzelt.

Bei der Sicherheitskontrolle stellt sich heraus, dass Enkidu sein Taschenmesser im Handgepäck führt, welches zu einigem Kuddelmuddel führt, bis wir das Messer samt einem Stück Handgepäck (nämlich dem von Jan) nachträglich aufgeben.
Jan „muss“ noch ein Autogramm als Harry Potter geben und die Sicherheitsleute lachen sich schlapp über uns.

Nachdem wir dann von einer Halle zur nächsten gewandert sind, dürfen endlich das gerade gelandete Flugzeug besteigen. Die Stewards und Stewardessen sind verständlicher Weise reichlich genervt und geschafft.
Das Flugzeug ist dreimal so voll wie auf dem Hinflug. Unsere Familie sitzt versprenkelt im Flugzeug. Dann steigt noch eine Gruppe von Studenten ein. Die Jungs fangen an sich die Kante mit Bier zu geben und dauernd wandern die großen Scheine zu den Angestellten. Eine kleine Dose Bier kostet 5 Euro!!! Dabei laden sie auch noch hier und da andere zum Mitsaufen ein. Dann fängt sich einer an darüber zu beschweren, dass es kein gekühltes Bier mehr gibt.
Ich fühle mich gestresst, da ich jetzt nocht mehr Flugangst als auf dem Hinweg habe. Mein Schädel brummt, meine Nase läuft ohne Unterlass und ich bin heilfroh, wenn wir in Berlin sind.
Bei Landanflug spinnt der eine Typ völlig rum und schaltet dauernd sein Handy ein. Irgendwann wird es ihm dann zum Glück abgenommen.

Wohlbehalten landen wir in Schönfeld. Eis und Schnee empfängt uns. Ich finde es köstlich.
Da der Gepäckwagen stecken geblieben ist, stauen sich etliche Fluggäste von den verschiedensten Flügen an den Gepäckrollbändern. Aber das ist mir egal. Ich freue mich schon auf mein kühles Bier zu Hause.


Text und Foto: Sulamith Sallmann
Dezember 2005

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